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Mikrobiom
Kateryna_Kon - stock.adobe.com

Neurodermitis: Ist das Mikrobiom ein Schlüssel für Präzisionsmedizin?

Neurodermitis – auch als atopische Dermatitis bezeichnet – ist eine häufige entzündliche Hauterkrankung, die häufig bereits im Kindesalter beginnt. Genetik, Umwelt und Störungen in der Hautbarriere sind bekannte Faktoren, die die Entwicklung der Krankheit beeinflussen. Neuere Forschungserkenntnisse zeigen nun, dass auch das Mikrobiom, genauer: Bakterien im Darm und auf der Haut, eine entscheidende Rolle in der Krankheitsentwicklung spielen.

Das Mikrobiom beeinflusst den Krankheitsverlauf

Die Erkenntnis, dass Darm- und Hautbakterien eine entscheidende Rolle im Krankheitsverlauf von Neurodermitis spielen, eröffnet neue Therapie-Möglichkeiten und auch Einblicke in die allergische Erkrankung: Eine veränderte Vielfalt und Zusammensetzung sowie die Ansiedelung von krankmachenden Mikroorganismen haben Forschende derzeit als mögliche Ursache für das schubweise Auftreten der atopischen Dermatitis im Blick, denn: Ein gestörtes Darm-Mikrobiom kann das sogenannte "Leaky-Gut-Syndrom" bewirken. Dabei ist die Barrierefunktion der inneren Darmwand gestört. Dies ermöglicht es Bakterien, in den Blutkreislauf zu gelangen und Entzündungen zu verursachen.  

Dasselbe gilt für die Störung des Hautmikrobioms: Bakterien und anderen krankheitserregende Mikroorganismen können in tiefere Hautschichten oder sogar in den Blutkreislauf eindringen und Entzündungen auslösen.  
Eine weitere Erkenntnis ist, dass Mikroben im Darm und auf der Haut neben nützlichen auch schädliche Stoffe freisetzen können. 

Allergischer Marsch

Neurodermitis gilt als Startpunkt für weitere allergische Erkrankungen. Allergisches Asthma und Heuschnupfen (allergische Rhinitis) sind die häufigsten Allergien, die zeitverzögert auftreten. Expert:innen sprechen vom „allergischen Marsch“, wenn eine allergische Erkrankung zu weiteren Allergien führt.

Neurodermitis beeinflusst die Lebensqualität

Bekannt ist, dass Neurodermitis bei Kindern und Erwachsenen die Lebensqualität stark beeinflussen kann: Neben den typischen Symptomen an der Haut sind zum Beispiel Konzentrationsstörungen durch juckende Haut und verminderter Schlaf bis hin zur Depression mögliche Folgen der chronisch-entzündlichen Hauterkrankung.  

Das komplexe Krankheitsbild erfordert Präzisionsmedizin  

Die Behandlung von Neurodermitis hat vier Hauptziele:  

  1. Verbesserung der Lebensqualität  
  2. Linderung der Symptome 
  3. Vermeidung neuer Infektionen 
  4. langfristiges Krankheitsmanagement 

Derzeit angewendete Therapien, können aber unerwünschte Nebenwirkungen haben. Präzisionsmedizin könnte hier neue Möglichkeiten eröffnen: Diese kombiniert fortschrittliche diagnostische und therapeutische Techniken, um Krankheiten vorherzusagen, zu verhindern und zu heilen. Das Spezialgebiet Metabolomik wird hier eine bedeutende Rolle spielen. Sie ist in der Lage, sogenannte Metabolite, also Substanzen, die aus Stoffwechselvorgängen von Organismen wie Mikroben aus dem Darm oder von der Haut entstehen, zu identifizieren. 

Therapien, die auf das Mikrobiom ausgerichtet sind, könnten neben herkömmlichen Behandlungen zu besseren klinischen Ergebnissen führen. Bis solche individuellen Möglichkeiten im Behandlungsalltag angewendet werden können, ist aber weitere Forschung notwendig. 

 

Quelle: M. Shahnawaz et al.: Atopic dermatitis: Pathophysiology, microbiota, and metabolome – A comprehensive review: Microbiological Research. 2024; 281: 127595